Die lokalhistorischen Umstände lassen nachvollziehen, warum es vergleichsweise wenig
klassizistische Architektur in Nürnberg gibt. Nürnberg verlor 1806
seine Reichsfreiheit und kam zur bayerischen Krone. Die Stadt sah sich aber
selbst bis zu diesem Zeitpunkt großteils noch althergebrachten Traditionen verhaftet. Wie schon in den Jahren der barocken Architektur, fühlte man zur Zeit des Klassizismus kein
Bedürfnis nach Erneuerung und Wandel. Nürnberg war überrumpelt von der Entwicklung.
Symbolisch für den Wandel der Zeit war in Nürnberg die Errichtung
der Hauptwache zwischen der Sebalduskirche und dem Hauptmarkt. Mehrere
Aspekte machen diese Baumaßnahme im Herzen der Nürnberger Altstadt
bemerkenswert. Es wurde dafür die "Alte Schau" abgerissen, die aus
dem Mittelalter stammte und symbolisch für die reichsstädtische
Zeit stand.
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Klassizistische Brunnenstele (Jakobsplatz)
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Dem entsprechend konnte dieses alte Gebäude emotionale
Wirkungen entfalten. Es wurde durch ein Gebäude der neuen bayerischen
Machthaber im rationalistisch anmutenden, strengen Klassizismus ersetzt.
Der Widerstand gegen die Hauptwache flammte noch einmal zu Beginn des 20.
Jahrhunderts auf, als die "Alte Schau" nach Grabungsfunden zu Lasten
der Hauptwache fast wieder errichtet worden wäre.
Der Rückfall Nürnbergs in die politische Bedeutungslosigkeit
erklärt das Fehlen repräsentativer Bauten wie sie in München
von den Machthabern errichtet wurden. Werke namhafter klassizistisch
arbeitender Architekten wie Klenze, Gärtner oder Schinkel
sucht man daher in Nürnberg vergebens. Die Hauptwache wurde zerstört und ist nicht mehr aufgebaut worden.
Gleichwohl kann das Architekturdenken dieser Zeit an einigen Stellen in
Nürnberg nachvollzogen werden.
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