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Website der "Nürnberger Bauernhausfreunde"



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Epoche:  Renaissance

Schwedenhäuser

Großreuther Str. 98
Externer Link Karte im Stadtplandienst Nürnberg

Reutleser Str. 80
Externer Link Karte im Stadtplandienst Nürnberg

16./17. Jh.

Noch in der Renaissancezeit, jedoch auf Basis einer wesentlich älteren Bauform1, entstanden in den Dörfern um Nürnberg Bauernhäuser mit tief heruntergezogenen, mächtigen Mantel- bzw. Walmdächern. Albrecht Dürers realistische Ansicht von Kalchreuth zeigt, daß um 1500 die Dörfer von solchen Bauten geprägt waren.2 Die Schwedenhäuser sind daher für die lokale Architekturgeschichte von hoher Bedeutung. Die Besonderheit dieser Bauten besteht darin, daß der Dachstuhl nicht auf den Außenwänden ruht (liegt), sondern die Sparren auf einer mächtigen innenliegenden Ständerkonstruktion stehen, deren unterer Teil etwa doppelt so hoch ist wie die Außenwände des Hauses.3

Schwedenhaus in Thon

Das letzte Thoner "Schwedenhaus" in der Äußeren Bucher Straße 33 stand von 1551 bis 1966

Foto: Bildarchiv Foto Marburg

Schwedenhaus

Atypisches Kleinhaus Großreuther Str. 98

Weil die Gebäude aus der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg, dem Schwedenkrieg, stammten, bürgerte sich die Bezeichnung "Schwedenhäuser" oder "Wendenhäuser" ein.4 Die Möglichkeit dendrochronologischer Untersuchungen, d. h. die Bestimmung der Erbauungszeit über das genaue Alter des Bauholzes, hat in jüngerer Zeit vermehrt gezeigt, daß die Schwedenhäuser wesentlich älter sind als früher vermutet wurde.5
Heute kann man nur noch auf Grund weniger Beispielen erahnen, wie die Dörfer um Nürnberg jahrhundertelang ausgesehen haben. Ein Beispiel für den Schwedenhaustyp ist das kleine Haus in Großreuth h. d. V., das von 1556 stammt6 (früher wurde das 17. Jh. bzw. 1708 vermutet7).

Schwedenhaus in Thon 1966

Abbau des Schwedenhauses in Thon 1966. Deutlich ist das innenliegende Ständergerüst erkennbar. Die frei endenden Walmsparren waren nur noch auf der dem Fotografen abgewandten Seite in der ursprünglichen Weise fächerförmig angeordnet.
Foto: Mit freundlicher Erlaubnis der Familie Wunder

Bekannt für seine Schwedenhäuser war der Vorort Nürnberg-Thon.8 Dort standen bis zum zweiten Weltkrieg noch drei Schwedenhäuser, nämlich Michaelstraße 12, Äußere Bucher Straße 159 und 33. Letzteres überstand den Krieg, wurde jedoch 1966 abgerissen.10 Die Stadt Nürnberg erwarb die Balken für 3.000 Mark und hat sie bis heute eingelagert.11 Die dendrochronologische Untersuchung ergab, daß das Bauholz im Sommer 1551 gefällt worden war.12 Der 2. Markgrafenkrieg verwüstete das Dorf erst ein Jahr danach, was bedeutet, daß das Haus mit großer Wahrscheinlichkeit noch aus der Zeit vor diesem Krieg stammt.

Schwedenhaus in Thon 1966

Abbau des Schwedenhauses in Thon 1966.
Foto: Familie Wunder

Schwedenhaus Michaelstraße

Verkehrsunfall vor der Kulisse des Schwedenhauses Michaelstr. 12 (ganz links).
Foto: Mit freundlicher Erlaubnis der Familie Wunder

Schwedenhaus in Thon

Das urtümliche "Schwedenhaus"
Äußere Bucher Straße 15.

Foto: Bildarchiv Foto Marburg

Auch die Reutleser Felizitas-Kapelle im nördlichsten Zipfel des Stadtgebietes rechnen Bauhistoriker zum Schwedenhaustyp; es wird für möglich gehalten, daß die Bauform von einem Vorgängerbau übernommen wurde.16 Die Kirche wurde 1379 erstmals erwähnt, der Dachstuhl des Kirchenschiffs ist auf 1585 bestimmt worden17, d. h. gleichzeitig mit dem Bau des Turms.18 Das kleine Gottehaus birgt eine wertvolle Ausstattung mit einem dem Meister des Wolfgangsaltars bzw. Valentin Wolgemut19 oder Michael Wolgemut20 zugeschriebenen Altar.

Felicitaskapelle Reutles

Ein Kleinod ist die Felizitas-Kapelle Reutleser Straße 80. Das Walmdach weist auf die traditionelle Konstruktion hin.

Ein Schwedenhaus, das am Sonntagsweg 1 in Almoshof stand, befindet sich jetzt im Freilandmuseum Bad Windsheim. Es handelt sich um das sogenannte "Türkenhaus". Früher vermutete man seine Entstehungszeit um 168513, heute weiß man, daß es von 1554 stammt.14

In Großreuth h. d. V. riß man 1929 ein Schwedenhaus ab, weil es unter der Last des Ziegeldaches gelitten hatte.15 Ursprünglich waren die Schwedenhäuser strohgedeckt. Die Sparren hatten deswegen relativ große Abstände, weshalb die Dachstühle die "Umstellung" auf die schwerere Ziegeldeckung wohl häufig nicht aushielten.

Scheune Mittelbüg

"Wendenscheune" im Gut Mittelbüg. Man beachte die Toreinfahrt, deren Traufe über der des Daches liegt.

Zuletzt ist noch die "Wendenscheune" im Gut Mittelbüg (Mittelbügweg 99, Schwaig) zu erwähnen. Das Gebäude trägt ebenfalls das charakteristische Vollwalmdach; es wurde auch nach dem zweiten Markgrafenkrieg errichtet, nämlich 1554.21 Bemerkenswert ist die hohe Qualität der Zimmermannsarbeiten, die auf einen städtischen Handwerker hinweist. Die traditionellen Charakteristika des Hallenständerbaus verbinden sich hier mit fortschrittlichen Konstruktionsmerkmalen wie dem liegenden Dachstuhl. Die Scheune von Mittelbüg hat eine wechselvolle, mit Nürnberg verwobene Geschichte hinter sich. Bis 1880 stand sie im "Tuchergarten" im heutigen Stadtteil Gärten h. d. V./Maxfeld, nach einem Intermezzo in Weigelshof (Oedenberger Straße) fand das historisch bedeutende Objekt seinen letzten Standort 1938 in der Außenstelle des Nürnberger Tiergartens.22

Nach einer langen Zeit der Vernachlässigung besteht Hoffnung, daß den Schwedenhäusern künftig mehr Aufmerksamkeit zuteil wird. So ist in den Nürnberger Altstadtberichten 2006 ein Aufsatz über die verbleibenden Schwedenhäuser veröffentlicht worden.23 Wie darin berichtet wird, soll der kulturgeschichtlichen Bedeutung der Schwedenhäuser künftig durch ein Museumsprojekt Rechnung getragen werden. Im Jahr 2007 hat sich schließlich zu diesem Zweck der Verein der "Nürnberger Bauernhausfreunde e. V." gegründet, um vor allem die nötigen erheblichen Finanzmittel zu beschaffen. Geplant ist der Wiederaufbau des Thoner Schwedenhauses in einer Baugruppe mit dem dahin zu verbringenden Großreuther Haus sowie der Scheune aus Mittelbüg.


1 Artikel zum Stichwort "Schwedenhaus" im Stadtlexikon Nürnberg.
2 Siehe dazu auch http://www.fraenkischer-albverein.de/jubilaeum/kalchreuth/kalchreuth.htm
3 Vgl. HELM (1978), S. 43ff; 49 ff. Siehe auch die Zeichnung bei HELM (1978), S. 51, bzw. FEHRING/RESS (1961), S.355.
4 Stadtlexikon Nürnberg (siehe Fn. 1).
5 So finden sich in der amtlichen Denkmalliste (zugänglich unter www.blfd.bayern.de) teils noch jüngere Datierungen.
6 Freundlicher Hinweis des Nürnberger Stadtheimatpflegers Herbert May vom 23.10.2005.
7 FEHRING/RESS (1961), S. 255.
8 Vgl. u. a. UHLSCHMIDT/MAY (2005).
9 Dieses Gebäude wurde erst nach dem Krieg abgerissen. Das heutige Anwesen hat einen Fachwerkgiebel, der nach der amtlichen Denkmalliste aus dem 18. Jahrhundert stammt, was jedoch nicht unzweifelhaft ist. Nach Hinweis von Herrn Uhlschmidt war die Anbringung des Fachwerkgiebels Auflage für die Genehmigung des Abrisses des Schwedenhauses.
10 HELM (1978), S. 49 ff., beschreibt alle drei Thoner Schwedenhäuser; vgl. a. UHLSCHMIDT/MAY (2005).
11 Bauakte, Stadtarchiv Nürnberg. Zum ursprünglich geplanten Wiederaufbau in einem Freilichtmuseum kam es - bislang - nicht; das Vorhaben ist jedoch nicht aus dem Sinn verloren.
12 Hinweis Herbert May (s. ob. Fn. 6).
13 FEHRING/RESS (1961), S. 216.
14 Hinweis Herbert May; vgl. auch BEDAL (1997).
15 HELM (1978), S. 100; Abb. auch in: Nbg. Erinnerungen Bd. 1
16 FEHRING/RESS/SCHWEMMER (1977), S. 405.
17 Amtliche Denkmalliste; siehe auch http://www.grossgruendlach-evangelisch.de/felicitas.html.
18 FEHRING/RESS/SCHWEMMER, a.a.O.
19 Ebd.
20 http://www.grossgruendlach-evangelisch.de/felicitas.html.
21 Hinweis Herbert May.
22 Vgl. HELM (1978), S. 75 f..
23 TASCHNER, Michael: Da waren's nur noch drei! - Die letzten Nürnberger Schwedenhäuser, in: Nürnberger Altstadtberichte Nr. 31 (2006), S. 97-120.

Literatur:

  • BEDAL, Konrad: Bauernhäuser aus dem Mittelalter. Bad Windsheim 1997
  • HELDMANN, Horst: Die Sankt-Felicitas-Kapelle zu Reutles, in: Erlanger Bausteine 6, 1959, S. 94-112
  • HELM, Rudolf: Das Bauernhaus im Alt-Nürnberger Gebiet, Nürnberg 1978 (Urausgabe von 1940)
  • RUSAM, Hermann: Thon - Ein altes nürnbergerisches Dorf im Würgegriff der wachsenden Stadt, in: Altnürnberger Landschaft, Band 47, Heft Nr. 1, Seite 217-240
  • RUSAM, Hermann: Untersuchung der alten Dorfkerne im städtisch überbauten Bereich Nürnbergs.- Schr. Stadtarchiv Nbg. 27: 1-419, 92 Abb., Nürnberg (Korn u. Berg) 1979.
  • TASCHNER, Michael: Da waren's nur noch drei! - Die letzten Nürnberger Schwedenhäuser, in: Nürnberger Altstadtberichte Nr. 31 (2006), S. 97-120
  • UHLSCHMIDT, Dieter / MAY, Herbert: Ein Dorf im Wandel der Zeit, Bad Windsheim 2005

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