Bauten von German Bestelmeyer
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Literatur- und Internethinweise zu Bestelmeyer
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Der Architekt German Bestelmeyer hat mit seinen charakteristischen Bauten
das Erscheinungsbild Nürnbergs zwischen den Weltkriegen stark mitgeprägt.
Die Bauten des gebürtigen Nürnbergers, der in München lebte,
fallen auch heute noch im Stadtbild auf. Schwerpunkt von Bestelmeyers Tätigkeit war
der evangelische Kirchenbau. Allein in Nürnberg gehen vier teils monumentale Gotteshäuser
auf ihn zurück: die die 1925-1928 erbaute Friedenskirche am Palmplatz, die Gustav-Adolf-Gedächtniskirche
und die Melanchthonkirche sowie die primär Gottfried Dauner zugeschriebene
Reformations-Gedächtnis-Kirche.
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Bestelmeyer war in Nürnberg zunächst durch den Entwurf der
Siedlung
am Rangierbahnhof in Erscheinung getreten. Im weltlichen Bereich schuf Bestelmeyer
1916-1920 den Erweiterungsbau des Germanisches Nationalmuseums und den nicht mehr erkennbaren
Bau der Klinik Hallerwiese.
Wegen seiner konservativen Haltung und seines
monumentalistischen Stils wurde Bestelmeyer als Gefolgsmann des NS-Regimes kritisiert;
mittlerweile betrachtet man seine Person aber differenzierter.
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Germanisches Nationalmuseum (1916-1920)
Kornmarkt 1
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German Bestelmeyer entwarf den Erweiterungsbau für das Germanische Nationalmuseum, der
von 1916 bis 1920/21 verwirklicht wurde. Die Bauten verbinden neue und alte Teile des Komplexes,
wie zum Beispiel die ehemalige
Kirche des Kartäuserklosters.
Die dem Kornmarkt zugewandte Fassade des Museums wird
ihrer Aufgabe gerecht, weil sie mit ihren Anspielungen auf historische Architektur den Betrachter
auf die Exponate vorbereitet und gleichzeitig eine Würde ausstrahlt, die den Eintretenden
auf seinen Besuch vorbereitet. Im Inneren legte Bestelmeyer einen Ehrenhof und ein Lapidarium (Sammlung von Steinwerken) an.
Stilistisch ist der Komplex am ehesten dem ausklingenden,
klassizisierenden Jugendstil zuzuordnen,
allerdings mit individueller Prägung des Baumeisters.
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Friedenskirche (1925-1928)
Palmplatz 11
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Charakteristisch für Bestelmeyer ist die
Verwendung von Backstein, wodurch auch groß dimensionierte Bauten
für den Einzelnen erfaßbar werden.
Trotz der maßvoll modern abstrahierten Grundformen
und den zeittypischen monumentalistischen Anklängen
erkennt man den bewußt gewählten Bezug auf den historischen Bestand.
Damit wurde die Bewahrung der hergebrachten Werte betont.
Die Friedenskirche beherbergt heute wertvolle Ausstattungsstücke der kriegszerstörten
Heilig-Kreuz-Kirche.
Die Friedenskirche harmoniert im Stadtbild mit den Altstadtkirchen |
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Der gewaltige Turm der Friedenskirche beherbergt eine der größten Glocken Nürnbergs
Die Verwendung bestimmter Stilelemente und Materialien, polygonaler Chor
und Turmgestaltung weisen deutlich auf die großen Bürgerkirchen
der Altstadt hin.Bestelmeyer gelang es so, auf sensible Weise eine Identifikationswirkung
zu schaffen, ohne sich im historischen Detail zu verlieren.
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Im Detail zeigt sich Bestelmeyers Vorliebe für handwerkliche Verarbeitung
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Gustav-Adolf-Kirche (1930)
Allersberger Straße 114
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Die im Zuge der Industrialisierung stark gewachsene Südstadt benötigte ein großes
Gotteshaus; so entstand die 1930 fertiggestellte, riesige Gustav-Adolf-Kirche. Auch sie ist ein
typischer Bestelmeyer-Bau in Ziegelsteinbauweise, bei dem wieder die archaisierenden Formen (Reiterstandbild,
Säulen am Eingang) auftreten.
Wegen sinkender Besucherzahlen wurde in das Kirchenschiff Ende des 20. Jahrhunderts ein mehrstöckiger Einbau eingefügt,
der einen Pfarrsaal und diverse Mehrzweckbereiche enthält.
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Melanchthonkirche (1938/40)
Angerburger Straße 12
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Bestelmeyers Melanchthonkirche in Ziegelstein durfte aufgrund
der Nähe zum damaligen Flughafen am Marienberg keinen Kirchturm haben.
Der erzwungene Verzicht auf dieses für Sakralarchitektur so wichtige
Symbol führte zu einer interessanten Lösung: eine turmartige
Wirkung wird wenigstens für den vor der Kirche stehenden Betrachter
erzielt, indem ein schmaler Teil des Hauptbaus sich bei gleich bleibender
Firsthöhe aus dem Baukörper vorschiebt.
Der so entstehende Mittelrisalit erinnert durch Gestaltung und Proportionen
an ein romanisches Westwerk. Bestelmeyer-typisch ist die Eingangspartie:
die gemauerten Stützbögen weisen auf Bauwerke der Römischen Antike
hin, in der Ziegel in ähnlicher Weise verwendet wurden.
Die Kirche von Nordwesten
Fassade mit bewußten Asymmetrien
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Sonne, Mond und Sterne: sogar den Wochentag zeigt Bestelmeyers Uhr an
Die aufwändigen Uhrwerke, die sich an den Bestelmeyer'schen Bauten finden (zum
Beispiel auch am "Kroch-Hochhaus" in Leipzig), erinnern an die Uhr der Nürnberger
Frauenkirche.
Materialwahl, Gestaltung des Zifferblattes und die Ausstattung mit Zusatzfunktionen
wie Mondphasen oder mechanischen Spielen machen Sie zu eigenen Sehenswürdigkeiten.
Die Begeisterung für das handwerkliche Detail war ein Wesenszug Bestelmeyers, der sich deutlich
in seinen Bauten niederschlug, und deren Ausstattung er häufig selbst entwarf.
Ein weiteres traditionelles Detail: Aufzugserker an der Nordseite
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Außerhalb Nürnbergs |
Nur 20 km von Nürnberg entfernt (und daher in diesem Rahmen aufgeführt)
entstand in Schönberg bei Lauf kurz nach 1900 eine heimatlich-neugotische Kirche.
Ihr Entwurf ist ein frühes Werk von Bestelmeyer, zeigt aber schon typische Züge späterer Werke des
Architekten. So ist die Komposition der Bauteile abwechslungsreich und
fantasievoll, und die ausschmückenden Details (Wasserspeier, Schriftzüge, Reliefs, in besonderer
Weise platzierte Turmuhr, übereinander angeordente Glocken) fehlen auch nicht.
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Proportionen und Formen des Bauwerks sind allerdings noch nicht so überzeugend und klar wie bei späteren Kirchen.
Das Dach des Seitenschiffes ist im hessischen Stil über jedem Joch abgewalmt. Der Bau steht auf dem Platz einer kurz vor 1900 abgerissenen
Burg, von der noch ein kleiner Wehrturm mit Spitzhelm übrig ist; zu diesem paßt die
Kirche, obwohl sie, wie so oft bei neugotischen Bauten, in ihrem Ornat etwas zu märchenhaft dasteht.
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Externe WWW-Verweise:
Literaturhinweis:
- Koch, Florian: German Bestelmeyer, München 1999 (Diss. Univ.)
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