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Epoche:
Gegenwart
seit 1970
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Über die Architektur der letzten
drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts läßt sich noch kein abschließendes
Urteil bilden. Die Auswahl der hier gezeigten Objekte kann also nur ein Versuch sein, etwas über
die Architektur in Nürnberg im Zeitraum von 1970 bis heute auszusagen.
Verschiedene Strömungen haben sich in den vergangenen
Jahren gezeigt, denen aber zumindest eines gemeinsam ist: die Moderne als
Kern der architektonischen Fortentwicklung. Die mit dem Jugendstil eingeläutete
Abkehr vom historisierenden Stileklektizismus ist offenbar endgültig
erreicht. Nur die "Postmoderne" der Siebziger und Achtziger Jahre betrieb
ein mehr oder weniger abstrahierendes Zitatspiel. Doch insgesamt beantwortet die Architektur
bauliche Fragestellungen mit sachlichen, aus der Funktion entspringenden Lösungen.
Aber dieser Weg muss im Ergebnis auch ästhetisch befriedigend wirken. Die Wirklichkeit zeigt,
dass letzteres ein anspruchsvolles Ziel ist; die Ästhetik des Funktionalismus ist aufgrund der ihr
anhaftenden Nüchternheit Geschmackssache. |
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Nürnberger Schaustück: Das Neue Museum
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Konfliktthema Zeitgenössische Architektur |
Über das Bauen in der Gegenwart wird viel gestritten - und das ist ganz normal, weil es
etwas zu streiten gibt, da man im Gegensatz zu vergangenen Epochen noch etwas gestalten kann.
Mit negativen Assoziationen ist jedoch für viele das Thema heutigen Bauens verbunden. Tatsächlich
finden sich auch in Nürnberg leider mehr als genug Beispiele, die gängige Klischees wie
vom "Betonklotz" bedienen - unabhängig von ihrer tatsächlichen
architektonischen Qualität. Der Wille, neue Wohnmöglichkeiten auszuloten,
wird etwa bei den Wohnmaschinen spürbar, aber sie haben - zu Unrecht -
ganze Stadtteile abgestempelt. Die Beurteilung durch die Bewohner ist zudem häufig positiv, im Gegensatz
zu der Meinung Außenstehender.
Freiplastik, wie hier der Schalenkaskadenbrunnen in der Kaiserstraße (1976/77 von Helmut Lederer), ist nach wie vor ein wichtiges Mittel stadträumlicher Gestaltung
Das Stadtbild leidet insgesamt unter
provinzieller Gestaltung. Der einzige, stätebaulich wertvolle, potenzielle Prachtvoulevard
Fürther Straße wurde nach heute
kaum noch nachvollziehbaren Ideen "verkehrsberuhigt".
Die Kombination von Alt- und Neubauten ist immer problematisch, wie hier am Ludwigsplatz
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Hochhäuser Neuselsbrunn
Doch nicht nur Wohnanlagen, sondern auch viele andere Themen stehen in der öffentlichen Kritik. Besondere städtebauliche Probleme
bereiten das lange vernachlässigte Reichsparteitagsgelände und die Messeerweiterung sowie der Bahnhofsplatz.
Insgesamt unzufrieden scheinen viele mit der Mittelmäßigkeit der hiesigen Bauvorhaben
und Planung zu sein, die den großstädtischen Anspruch der Stadt trotz einzelner Ansätze
kaum widerspiegelt.
"Forschungsfabrik" der Fa. Lucent Technologies
Allgemein fällt die ungeschickte Möblierung
der Stadt auf - sowohl mit "Blumen"trögen als auch mit Blechkästen, die sich an Attraktivität ähneln.
Neue Initiativen sollen nun dem Bauen in Nürnberg neue Impulse verleihen.
Bei allen Missständen dürfen Erfolge, insbesondere auf dem Gebiet des
Wohnungsbaus, nicht vergessen werden. Neben der Sanierung des Bleiweißviertels entstanden in Langwasser-Nord Wohnviertel,
deren architektonische Gestaltung durchaus anerkannt wurde. Außerdem setzten Unternehmen wie Alcan, Lucent oder die
Nürnberger Versicherungen architektonisch teils anspruchsvolle Akzente.
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Der "Norikus" (1966-1972 von Harald Loebermann) ist bei der Bevölkerung nicht gerade als architektonische Schönheit beliebt,
aus der Sicht von Architekten ist es hingegen kein Kriterium, gefallen zu wollen.
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Alt und Neu - Bauen in historischer Umgebung |
Ein ebenso wichtiges und vieldiskutiertes Thema ist heute das Bauen in der Altstadt.
Restaurierung und der Erhalt alter Bausubstanzen haben in jüngerer Vergangenheit einen erfreulich hohen,
neuen Stellenwert erhalten. Bei der Sensibilisierung der Öffentlichkeit und eigenen Restaurierungs-Projekten
hat sich der Verein der "Altstadtfreunde", in Zusammenarbeit mit der öffentlicher
Denkmalpflege und Denkmalschutz, verdient gemacht. Zu hoffen bleibt, dass die gebotene
Wertschätzung des Alten nicht nur eine Modeerscheinung ist. Dafür spricht immerhin,
dass der kompromisslose Abriss- und Erneuerungsdrang der Fünfziger und Sechziger Jahre des 20.
Jahrhunderts eine vorübergehende Reaktion auf das Kriegsdesaster war.
Restaurierungsprojekte, hier ein Vorhaben der Altstadtfreunde in der Kühnertsgasse,
verbessern das Stadtbild erheblich und dienen der Erhaltung der wenigen erhaltenen, kostbaren Altbauten
Das Ergebnis ist, gerade auch aus Sicht von Denkmalschutz und Denkmalpflege, sicher richtig gewesen.
In Hinblick auf die Architekturdiskussion in Nürnberg
zeigte sich aber, dass außerhalb der oft zu Unrecht mißverstandenen Altstadtfreunde mit
ihrer durchaus populistischen Wirkung es wenig Stimmen gab, die die öffentliche Meinung zu
polarisieren und die notwendige Diskussion über das Bauen in Nürnberg
zu dynamisieren vermochten. Wünschenswert ist eine Strömung innovativen,
neuen Bauens in Nürnberg, im Altstadtbereich mit höchsten Qualitätsanforderungen.
Leider sind Bereitschaft und Fähigkeit, den einzigartigen Geist der Altstadt als Maßstab zu
akzeptieren und mit Demut statt Hochmut zu bauen, nicht immer gegeben; annähernd kongeniale
Schöpfungen wie das Neue Museum, die Respekt mit Größe verbinden,
sind daher meist die Ausnahme.
Gegner der Anpassung an das Alte
erfreut der Neubau des Admiral-Kinos neben der Lorenzkirche (2001/2002 an Stelle eines Gebäudes von 1957)
wohl als "zeitgemäß selbstbewußter Kontrast"
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Wurde als zeitgemäße Architektur
in der Altstadt akzeptiert: das alltäglich wirkende Wirtschaftsrathaus Theresienstraße 7a/9
Nicht nur die Behandlung von Altbauten selbst, sondern auch das Bauen in ihrer Nähe stellt
die Nürnberger vor enorme Probleme. Die Altstadt ist Nürnbergs bedeutendstes und
wertvollstes Denkmal-Ensemble, und den Nürnbergern heilig.
Neu- und Umbauten in ihrem Bereich sind stets heikel. Ist noch weitgehend anerkannt,
daß bei Baumaßnahmen auf die
historischen Bauten und Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen ist, bestehen bei der
Beurteilung der Frage, was Rücksichtnahme
bedeutet, extreme Differenzen. Exemplarisch ist das gescheiterte "Augustinerhof"-Projekt: per
Plebiszit entschied sich die Bevölkerung gegen die Verwirklichung eines Planes des international
renommierten Architekten Helmut Jahn für eine Einkaufspassage zwischen Hauptmarkt und
Trödelmarkt. Bei der Auseinandersetzung spielten die Altstadtfreunde, mit 6000 Mitgliedern
der größte deutsche Altstadtverein, eine Meinungsführerrolle; auf der anderen Seite
äußerte sich der prominente und aus Nürnberg stammende Architekt in
geringschätzender Weise über die Nürnberger Bevölkerung.
Am Treibberg steht dieses altstädtische Häuser nachempfindende Gebäude
Soll so in der Altstadt gebaut werden? Es handelt sich hierbei keineswegs um
Postmoderne oder einen Ganz-Neu-Nürnberger-Stil, sondern um mehr oder weniger
angepasstes Bauen in der Altstadt. Der konventionell-rationelle Bau wurde nach außen
klischeehaft Alt-Nürnberger Bauten angepaßt,
mit aufgedübelten Sandsteinplatten, Satteldach, Erkern, Pseudofachwerk
und Sprossenfenstern sowie historischen Versatzstücken wie der Eckfigur,
hier am Treibberg oder in übersteigerter Form am Trödelmarkt.
Man mag vertreten, dass diese Gestaltung den echten Denkmalbestand weniger stört als ganz moderne Bauten,
aber hier kann man geteilter Meinung sein. Die historisierenden Details täuschen
jedenfalls bei vielen neuen Häusern nicht darüber hinweg, dass der Nutzwert vorrangig ist:
möglichst viele Geschosse bei niedriger Bauwerkshöhe, ausufernder Dachausbau, Kunststofffenster
mit funktionsloser Sprossenteilung. Obgleich man hier ein
im Grunde wichtiges Ziel verfolgt,
ist das Ergebnis nicht befriedigend.
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Postmoderne |
Die Postmoderne entwickelte sich in der Architektur seit den 1960er Jahren als Gegenströmung zur Moderne.
Ausgangspunkt war die Kritik an der Moderne, die einerseits als seelenlos und ohne menschliche Qualität empfunden wurde.
Auch wurde bemängeld, daß moderne Architektur nichtssagend sei.
Im Kernpunkt steht ein gegenüber der Moderne verändertes Verhältnis zur Tradition, die nicht mehr
überwunden werden muß, sondern deren Möglichkeiten man sich bedienen kann.
Säulenförmige Treppenhäuser, "klassische" Gestaltung mit Giebel
In Nürnberg sind das Heizkraftwerk Sandreuth oder die
Nachbarschaft Langwasser P Beispiele für diese Strömung. Gerade im Vergleich der Entstehungsgeschichte
frührerer Teile von Langwasser zu letztgenannter Siedlung (und über diese hinaus) kann man
die Entwicklung städtebaulicher Ideen über die letzten Jahrzehnte hinweg gut beobachten.
Auch Zeitgenössisches ist schon Vergangenheit: das mittlerweile abgerissene Klausfelder-Kaufhaus zeigte postmoderne Tendenzen
Anpassung gewollt, dennoch nicht gerade charmant: Parkhaus Jakobsmarkt
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Langwasser, Nachbarschaft "Paula": Überdachte Laubengänge erschließen die autofreie Siedlung
Die "Postmoderne" zitiert somit historische Motive in freiem Spiel und wendet sich bewußt
vom belanglosen Betonklotz ab. Auf der anderen Seite erfuhr die Postmoderne Kritik; sie sei im wahrsten Sinne des Wortes
oberflächlich aufgrund ihrer rein auf das Äußere eines Gebäudes bezogenen Forderungen. Dies kann jedoch
nicht die Leistungen der Postmoderne auf dem Gebiet der Stadtplanung betreffen.
Diese Erker zitieren historische Motive
In der autofreien, "unregelmäßig" und mit "Marktplatz" angelegten Nachbarschaft P manifestieren
sich der Wunsch nach einer menschlich-sozialen Umgebung an Stelle anonymer Wohnmaschinen und autogerechter Stadt.
Dieser funktional wohl nicht notwendige Erker lockert die Fassade auf
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Dekonstruktivismus |
Bewußtes Vermeiden von konventionellen geometrischen Figuren und Konstruktionen führt zu
Gestaltungen, die wie Schrotthaufen oder zufällig oder behelfsmäßig
zusammengesetzte Behausungen aussehen. Ihr Reiz liegt in der plastischen Gestaltung und der Provokation,
die von ihnen ausgeht. Beispiele sind das Wüst und Thaufelder - Haus und ein Haus am Stresemannplatz.
Die zerklüfteten Formen passen zumindest zu den Unregelmäßkeiten der mittelalterlichen Stadtanlage und der expressiven Gotik besser als manch andere moderne Architektur.
Wüst und Thaufelder - Haus Entwurf: N+K Architekten |
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Stresemannplatz Wohl wichtigste Beispiele dieser Strömung in Nürnberg sind
der Kontrollturm des Flughafens und
das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände.
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Ökologisches Bauen |
Ökologische Belange werden in der Architektur immer wichtiger. Hier steht die Nachhaltigkeit von
Bauwerken in verschiedener Hinsicht voran: Niedrig- oder Nullenergie-Häser, Verwendung nachwachsender
und natürlicher Materialien bis hin zu begrünten Dächern, Recyclingfähigkeit der
Bauwerke, Schonung von natürlicher Umgebung und Bodenressourcen sind nur einige der Stichworte, die unter diesem Oberbegriff diskutiert werden. |
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WWW-Verweise und Literaturhinweise zur Gegenwartsarchitektur in Nürnberg
- BECK, Hartmut: Hochhäuser in Nürnberg. Entwicklung und Politik im Banne des historischen Stadtbilds, in: Natur und Mensch 2002, S. 5-12.
- JOEDICKE, Jürgen / JOEDICKE, Joachim A. / HAID, Hans P. Krankenhausbau auf neuen Wegen. Klinikum Nürnberg-Süd, Stuttgart 1996
- http://www.altstadtfreunde-nuernberg.de/
Internetauftritt der Nürnberger Altstadtfreunde
- http://www.architekturforum.net
"Architectura Pro Homine" - Architekturforum für Rekonstruktion und
neue klassische Architektur, unterhalten vom Verein "Stadtbild Deutschland e.V."
- http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/"
Diskussionsforum zum Thema Architektur in Deutschland, mit Unterkategorie für Nürnberg
- http://www.emporis.com/ge/wm/ci/?id=100571
Nürnberg-Eintrag bei Emporis, einem weltweiten Hochhäuser-Verzeichnis
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